Zwei Katzen im Korb

Katzen adoptieren: Das letzte Kind hat immer Fell

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as letzte Kind hat immer Fell, so heißt es immer. Und soll ich euch etwas sagen? Genau so ist es. Unsere Intention war es allerdings weniger, noch ein Kind zu haben, sondern eher, dass die Kinder einen flauschigen Weggefährten haben. Denn Platz haben wir genug in unserem gemütlichen Zuhause. Wie es dazu kam, dass wir die beiden Kater “Kalli & Muffin” adoptierten, schildere ich euch in diesem Blogpost.

Ein Haustier soll her - aber welches?

Unsere Tochter war im Sommer 2021 nicht mehr zu bremsen: Mit ihrem täglichen “Ich möchte sooooo gerne ein Haustier”-Flehen wickelte sie uns von Woche zu Woche mehr um den Finger. Für Patrick war klar, dass für ihn ein Hund auf Grund des hohen Aufwands und der Unselbstständigkeit nicht in Frage kommt. Ich hatte lediglich Erfahrung mit Meerschweinchen, die ich selbst in der Kindheit in meinem Zimmer hatte und relativ langweilig fand. Auch Hamster, Kaninchen und Co waren in unserer Vorstellung nicht das Haustier, nach dem wir suchten. Da Patricks Eltern früher auf dem Land einige Katzen besaßen, willigte er etwas missmutig ein, es mit einem Stubentiger zu versuchen.

Kaum hatte Patrick sein Go gegeben, machte ich mich auf die Suche nach einem passendem Tier. Unwissend und naiv suchte ich auf Kleinanzeigen-Portalen. Hier wurden zahlreiche süße Kätzchen vermittelt. Für mich war klar, dass es eine gewöhnliche Katze und kein Zuchttier werden sollte. Am liebsten wollte ich eine Katze adoptieren, die unsere Hilfe benötigt.

Glücklicherweise machten mich einige Follower auf Instagram darauf aufmerksam, dass gerade bei Kleinanzeigen-Portalen sehr viele sogenannte “Vermehrer” unterwegs sind. Diese Personen “vermehren” Tiere in schlechter Haltung, um mit dem niedlichen Nachwuchs ein schnelles Geschäft zu machen (mehr zu dem Thema habe ich auf diesem Tierblog gefunden).

Das wollten wir natürlich nicht unterstützen. Ich rief also in allen Tierheimen der Umgebung an und fragte nach Katzen, die ein neues Zuhause suchten. Wichtig war mir, dass die Katzen zahm und kinderlieb sind, und nicht zu gestresst von Lärm und zu vielen Menschen. Relativ schnell wurde mir bewusst, dass dieser Wunsch nicht so einfach umsetzbar war. Man riet mir zu jungen Katzen, die noch nicht zu “charakterstark” und eigen waren und mit den Kindern gemeinsam groß werden konnten. In der Theorie eine schöne Vorstellung, in der Umsetzung allerdings im Spätsommer eher schwierig (keine Nachwuchsszeit bei Katzen).

Der entscheidende Tipp: Griechische Adoptivkatzen

Durch eine liebe Followerin kam ich auf die Organisation “Fellengel in Not”. Sie selbst hatte bereits vor wenigen Monaten zwei griechische Kater über diese Organisation adoptiert und sprudelte vor Begeisterung über die beiden neuen Mitbewohner. Ich klickte mich durch die Webseite und sah einige Hunde und Katzen, die ein neues, sicheres Zuhause suchten. Bei den Katzen fiel mir sofort der wunderschöne rot-weiße Wurf auf. Obwohl mir das Aussehen der Katze völlig egal war, blieben diese Kätzchen mir gleich in Erinnerung. Ich überlegte nicht lang und füllte sofort eine Selbstauskunft für Katzen aus.

Schon wenige Tage später meldete sich die Organisation telefonisch bei mir. Louisa Tackenberg fragte mich ganz offen und sympathisch nach unseren Beweggründen, wie wir als Familie sind, wo wir leben und ob eine Hauptverkehrsstraße in der Nähe ist. Sie berichtet von der Tierhilfe auf Naxos und dass sie vor kurzem noch vor Ort gewesen wäre. Louisa sagte mir gleich, dass die Organisation Katzen nur zu zweit oder in Haushalte, wo bereits eine Katze lebt, vermitteln, da die Tiere Einsamkeit nicht mögen und nur zum Jagen allein unterwegs sind. Außerdem riet sie mir mit einem Augenzwinkern dazu, dass wir uns eher für Kater entscheiden sollen, denn diese seien oftmals unkomplizierter. Ich versprach, mit Patrick über alle neuen Infos zu sprechen und mich wieder zu melden.

Warum eine Katze einfliegen lassen?

Mein Mann fragte mich ganz offen, warum wir Katzen aus Griechenland einfliegen lassen müssten, um an ein Haustier zu kommen. Eine absolut berechtigte Frage. Hier spielten einige Aspekte zusammen:

  1. Wir wollten kein Zuchttier oder gar einen Vermehrer unterstützen,
  2. in den hiesigen Tierheimen gab es aktuell keine familienaffine Katze und
  3. hatte ich bereits Vertrauen in die Organisation Fellengel in Not und ihre ehrenamtliche Mitarbeiterin Louisa gefasst.

All diese Argumente überzeugten ihn schließlich.

Katzen adoptieren: In diesem Karton wurden die Kitten auf Naxos gefunden.
In diesem Karton wurden die Kitten auf Naxos gefunden.
Katzen adoptieren: 6 niedliche Katzenbabies waren auf der Suche nach einem Zuhause
Eine Tierschützerin nahm sie mit zu sich und zog sie auf.

Kalli & Voltaire

Schon kurze Zeit meldete sich Louisa mit Fotos bei mir: Kalli, der rot-weiße Kater, den ich bereits auf der Website gesehen hatte, sei sehr kinderlieb, “Ein absoluter Familienkater” sagte die Frau von der Pflegestelle zu Louisa. Ich hatte Gänsehaut. Der Wurf war im April 2021  in einem Pappkarton an der Straße auf Naxos gefunden worden. Die kleinen Kätzchen waren da erst wenige Wochen alt.

Eine deutsche Tierschützerin hatte die sechs Katzenbabies bei sich aufgenommen und sehr menschennah großgezogen. Mittlerweile waren sie vier Monate alt und bereit, ein neues Zuhause zu finden. Wir entschieden uns sofort, Kalli und ein Geschwisterchen zu uns zu holen. Voltaire war ein besonders schön gezeichneter Kater, wurde aber als sehr schüchtern und zurückhaltend beschrieben. Louisa war sich sicher, dass er mit seinem selbstbewussten Bruder Kalli ein gutes Match für uns war. Sie sollte Recht behalten.

Der Haushaltscheck: Wird es den adopierten Katzen gut gehen?

Fellenegel in Not stellt immer sicher, dass sich die Interessenten nicht nur am Telefon nett und fähig anhören, sondern auch ein haustiergeeignetes Zuhause haben. Louisa kam also wenige Tage nach meiner Kontaktaufnahme zu einer sogenannten Vorkontrolle vorbei. Sie schaute sich unser Haus genau an: wo lauerten Gefahren für die Katzen, welches Zimmer eignete sich nach der Ankunft besonders gut, wo sollten wir am Besten Katzentoiletten installieren. Sie nahm sich viel Zeit, gerade mir als Katzen-Neuling alle Details zu erklären und gab mir damit ein sehr sicheres Gefühl. 

Nach ihrem Besuch warteten wir gar nicht lange, denn tatsächlich war schon vorher ein Flug aus Griechenland mit einigen Tieren und Paten geplant, bei dem Kalli und sein Bruder ebenfalls einen Platz finden konnten. Fellengel in Not sendete mir einen Schutzvertrag zu. Die Schutzgebühr (175,00€ pro Kater) musste ich vorher überweisen. Während des ganzen Prozesses war ich im engen Austausch mit Louisa, die mir alle Fragen mit unfassbar viel Geduld beantwortete. Sie war es auch, die uns erst einmal von Katzen-Accessoires wie Kratzbaum und Co. abriet, denn es wäre wichtig, das Verhalten unserer Katzen vorher kennenzulernen.

Da unsere Tochter den Namen “Voltaire” komisch fand, bot ich ihr an, sich einen eigenen Namen für den Kater auszusuchen. Sie entschied such für “Muffin”.

Ankunft der Katzen im neuen Zuhause

Die Reise für die beiden Vierbeiner war lang. Zuerst mussten sie von Naxos mit der Fähre nach Athen, von wo aus sie nach München geflogen wurden. Dort angekommen wurden sie mit einem “Pfotentaxi” gemeinsam mit weiteren Tieren aus dem Transport nach Köln gebracht. Sicherlich ist diese Reise einen absolute Tortur, aber in Griechenland zu bleiben wäre für sie keine lebenswerte Alternative gewesen. Glücklicherweise konnten die beiden zusammen bleiben. 

Auf dem Parkplatz Weiden-West übernahmen wir die Kater von Louisa. Die Kinder waren völlig aus dem Häuschen. Zuerst stellten wir sie im Teenager-Zimmer ab und öffneten den Käfig. Ich erwartete zwei völlig verschüchterte Kater, die sich zuerst unter dem Sofa versteckten. Was wir bekamen waren zwei sehr mutige Vierbeiner, von denen einer (Kalli) unserem 3-jährigen Sohn schnurrend auf den Schoß sprang. Ich habe selten erlebt, dass ein Tier so viel Vertrauen fremden Personen gegenüber entgegenbringt. Das hat sich seitdem nie geändert.

Tägliche Kuscheleinheiten mit dem adoptierten Kater
Tägliche Kuscheleinheiten...
Der adoptierte Kater bekommt viele Streicheleinheiten
... lieben Kinder und Kater sehr.

Perfect Match für unsere Kinder

Gerade für unsere Tochter (*2014) sind die Kater eine echte Bereicherung. Jeden Tag warten sie auf sie, wenn sie aus der Schule kommt, kuscheln sich an sie und spielen gerne mit ihr und ihren Freundinnen Katzenzirkus. “Mama, mein Leben ist viel schöner, seitdem wir Kalli und Muffin haben!” Sie lernt, Verantwortung zu übernehmen und hat einen Vierbeiner, der ihr immer zur Seite steht. Unser Sohn (*2018) liebt die Kater ebenso, ist manchmal aber sehr grob mit ihnen.

Bislang haben die beiden Kater noch niemanden verletzt, wenn sie geärgert wurden. Maximal haben sie angedeutet, dass ihnen etwas nicht gefällt und dann sanft in die Hand gekrallt. Dann weiß unser Sohn, dass Schluss ist.

Beide Kater haben sich perfekt in unseren Alltag integriert. Wie zwei Mitbewohner leben sie ihr Leben und fallen fast gar nicht auf. Anfangs waren beide sehr verfressen und haben ständig irgendwelche offen stehenden Lebensmittel geräubert. Das passiert nun nur noch selten. Gerne spielen die nachtaktiven Tiere zu Uhrzeiten, in denen die Kinder gerade im Bett sind. Seitdem die beiden Kater Freigänger sind, haben sie diese Aktivitäten nach draußen verlagert.

Vom Stubentiger zum Freigänger

Für uns war direkt von Anfang an klar, dass wir den beiden ein Leben an der frischen Luft ermöglichen wollen. Mit sechs Monaten haben wir die Samtpfoten kastrieren lassen. Nach Verheilung der Wunden durften sie zum ersten Mal in den Garten und waren sehr aufgeregt. Wir natürlich auch.

Seitdem hat es sich eingespielt, dass sie bei warmen Temperaturen über Nacht draußen unterwegs sind und tagsüber bei uns schlafen. In kälteren Jahreszeiten sind sie nur abends draußen und kuscheln sich zu unserer Zubettgehzeit gemütlich aufs warme Sofa. Im Frühling sind sie auch mal zwei bis drei Tage unterwegs, ein Zustand, an den ich mich als fürsorgliche Tierhalterin erst gewöhnen musste. Bei Tasso e.V. kann man seine Stubentiger registrieren lassen.

Die Sauberkeit und Eigenständigkeit der Kater faszinieren mich besonders: Sobald sie von draußen rein kommen, putzen sie sich und legen sich erst auf ihren Schlafplatz, wenn nichts mehr dreckig ist. Sie signalisieren deutlich, wenn sie raus oder rein möchten, kommen meist pünktlich zu ihren Futterzeiten in die Küche und sind stubenrein

Das Thema Kratzen war besonders bei Patrick stark im Fokus. Tatsächlich haben sie anfangs oft am Sofa, am Sessel oder den Teppichen gekratzt. Wir haben sie immer sehr deutlich weggescheucht, so dass sie verstanden haben, dass dies nicht geht. Seitdem die beiden nach draußen gehen, gibt es im Haus weniger “Kratzaktionen”. Es würde sich nicht lohnen, einen Kratzbaum zu kaufen. 

Unsere Tipps für Katzenhalter*innen

Da mich oft Fragen zu den “Accessoires” unserer Kater erreichen, hier ein paar (unbezahlte) Empfehlungen:

  • Katzentoilette von Modcat oder Hoopo (eher für kleinere Katzen)
  • Katzenstreu von Cat’s Best (kompostierfähig und biologisch abbaubar)
  • Katzenfutter von Pets Deli (haben tolle Probierpakete, um zu sehen, was den Vierbeinern gut schmeckt)

5 Fragen an Tierretterin Louisa Tackenberg

Louisa Tackenberg ist Tierretterin aus ganzem Herzen. Sie investiert fast ihre komplette Freizeit, um ehrenamtlich für den Tierschutz aktiv zu sein. Bei Fellengel in Not ist sie für die Katzenvermittlung zuständig und bereit alle Interessenten mit viel Empathie, welches Tier zu ihnen passen könnte.

Wie kam es dazu, dass du beim Tierschutz Fellengel in Not aktiv wurdest?

Ich bin in einer sehr tierfreundlichen Familie groß geworden und wir haben immer Tiere in Not aufgenommen, um ihnen zu helfen. Meine erste „eigene“ Katze habe ich dann mit neun Jahren in Griechenland auf der Straße gefunden und adoptiert. Dadurch, dass Naxos meine 2. Heimat ist und ich viel Zeit dort verbringe, war ich mit den Tieren dort immer sehr verbunden. Als ich dann 2009 mit dem griechischen Tierschutzverein Naxos Animal Welfare Society in Kontakt kam, war schnell klar, dass ich hier besonders unterstützen möchte. Heute bin ich u.a. Vermittlerin bei den Fellengeln in Not, der deutschen Unterstützungsgruppe für den griechischen Tierschutzverein.

Was macht dir besonders viel Spaß an deinem Ehrenamt?

Zu wissen, dass ich die Tiere und Menschen auf Naxos auch aus der Ferne unterstützen kann, ist mein Hauptmotiv. Aber ich mag auch den Kontakt zu Menschen allgemein und es bereitet mir viel Freude, das passende „Tier-Mensch-Match“ zusammen zu bringen. Auf Naxos selbst liegt mir viel an der Aufklärungsarbeit, damit auch die Bewohner der kleinen Dörfer achtsamer mit den Tieren umgehen, sie im Notfall aufnehmen, versorgen oder an uns vermitteln. Ebenso kümmern sie sich teilweise auch schon selbst um Kastrationsaktionen, so dass der Tierschutz etwas entlastet wird. 

Wieviel Zeit nimmt es ein?

Meine gesamte Freizeit – sicherlich täglich einige Stunden. Grundsätzlich ist es total unterschiedlich, wie viel Zeit Ehrenamtliche investieren können, von 1-2 Std. wöchentlich aufwärts. Es gibt kein Limit 😉 Ich mache das nun schon seit zehn Jahren und ich kann mir nichts vorstellen, was mich mehr erfüllt. Es ist meine absolute Herzensaufgabe. 

Wie viele Tiere konntet ihr schon vermitteln?

Über die vielen Jahre lässt sich das nicht sagen, aber momentan sind es 1-2 Tiere täglich. Viele Tiere schaffen es allerdings gar nicht bis zur Vermittlung, weil es ihnen so schlecht geht. Ich bin in den Momenten einfach froh, dass wir sie retten und ihnen  zumindest bis zu ihrem Ende ein schönes Leben ermöglichen oder sie von ihrem Leid erlösen können. 

Gibt es “besondere” Geschichten”?

Besonders sind auf jeden Fall immer Geschichten von Tieren, die lange auf ihr Happy End warten mussten – sei es im Tierheim, auf der Straße oder beim vorherigen Halter unter schlechten Lebensbedingungen. Es gibt zum Bespiel die kleine Katze Sasheen, die wir völlig abgemagert unter starkem Parasitenfall gefunden haben. Man konnte kaum erkennen, dass sie eine Katze ist. (Anmerkung von Laura: das Foto des Tieres habe ich vorliegen, möchte es aber nicht zeigen, da es verstörend wirken kann.) Wir haben sie mitgenommen und sie hat es glücklicher Weise überlebt. Heute ist sie eine hübsche Katzendame, zwar blind, aber sie findet ihren Weg und wartet gerade auf ein neues Zuhause. Auch die Hündin Loua haben wir als Streunerin in unserem Dorf gefunden. Sie war ein “Kettenhund” (Hunde, die an einer langen Kette festgebunden werden, leider noch sehr üblich in Griechenland). Sie kannte den Umgang mit Menschen und kam irgendwann direkt zu uns. Wir konnten sie aufpäppeln und an eine deutsche Familie vermitteln, bei der sie sich pudelwohl fühlt. 

Louisa Tackenberg ist Tierschützerin vor Ort auf Naxos...
... und Katzenpfelegestelle in Deutschland.

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